Viel Beachtung hat ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) erfahren, nach dem Europäer direkt von Suchmaschinenbetreibern wie Google verlangen können, dass Links zu bestimmten Informationen aus den Ergebnislisten entfernt werden (EuGH, Urteil vom 13.05.2014 – C-131/12). Kommt Google dieser Pflicht nicht nach, stehen dem Betroffenen Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte zu, entschied daraufhin die Audiencia Provincial Barcelona (Urteil vom 17.07.2014 – 99/2012). Praktisch wird es aber auch weiterhin ein steiniger Weg sein, bis auch das Internet unliebsame Informationen „vergisst“. Entscheidungen deutscher Gerichte zu etwaigen Schadensersatzansprüchen stehen aktuell noch aus.
Konkret ging es in dem vom EuGH zu entscheidenden Fall um den Wunsch eines Spaniers, bestimmte Informationen über sich nicht mehr im Internet abrufen zu können. Dabei ging es insbesondere um zwei Zeitungsartikel aus dem Jahr 1998, welche die Versteigerung eines Hauses des Klägers wegen einer Pfändung betrafen. Der Vorgang erledigte sich später, weswegen der Kläger im Jahr 2010 die fortgesetzte Beeinträchtigung seiner Reputation nicht mehr hinnehmen wollte. Er verklagte deshalb sowohl die Zeitung auf Entfernung der Beiträge aus ihrem Online-Archiv als auch Google Spain und Google Inc. auf Entfernung der auf dieses Online-Archiv verweisenden Links aus den Suchlisten.
Die spanischen Gerichte entschieden, dass ein Anspruch gegen die Zeitung zwar nicht, ein solcher gegen die spanische Google-Tochter jedoch bestehe. Diese Auffassung bestätigte nun der EuGH, der die jahrelange Abrufbarkeit personenbezogener Daten für nicht vereinbar mit der europäischen Datenschutz-Richtlinie hielt.
Neben grundsätzlichen Aussagen zur Frage, ob Google überhaupt im Rechtssinne Daten verarbeite und warum europäisches Datenschutzrecht hier überhaupt zur Anwendung komme, ist das Urteil vor allem deswegen relevant, weil der EuGH erstmals ausspricht, dass auch das Internet einmal vergessen muss. Dies gilt – wie im vorliegenden Fall – selbst dann, wenn die Informationen nicht falsch oder inhaltlich oder formal sonst zu beanstanden sind.
Es müsse aber, so die Richter, fortwährend abgewogen werden zwischen dem Interesse des Einzelnen daran, dass Informationen irgendwann einmal mehr nicht öffentlich abgerufen werden könnten und den Interessen der Allgemeinheit an einer möglichst uneingeschränkten Nutzung des Internets bzw. der Kenntnisnahme auch von nicht aktuellen Beiträgen. Wenn und soweit nicht ausnahmsweise die Person des Betroffenen eine andere Bewertung erforderlich mache, also z.B. bei Prominenten, oder aber das Ereignis von überragender Bedeutung sei, z.B. ein wichtiges politisches Ereignis oder ein Unglück, zu dem sich eine Person in einem Interview geäußert hat, müssten irgendwann Informationen aus den Suchergebnislisten auch wieder entfernt werden können.
Diesen Anspruch könnten Betroffene auch und insbesondere direkt gegenüber dem Suchmaschinenbetreiber geltend machen. Dieser müsse dann im Einzelfall die erforderliche Abwägung zwischen den Allgemein- und den Einzelinteressen vornehmen und entscheiden, ob die betreffenden Informationen aus den Ergebnislisten entfernt würden oder nicht. Mit diesen Ausführungen gießt der EuGH gleich wieder einen guten Schuss Wasser in den Wein.
Denn Betroffene werden nun zunächst einmal darlegen müssen, welche Informationen warum bei Eingabe welcher Suchbegriffe aus den Ergebnislisten zu entfernen seien. Verweigert Google die Entfernung werden Betroffene im Zweifel den Rechtsweg beschreiten müssen, was angesichts vager Voraussetzungen ungewisse Prozessverläufe nach sich ziehen wird. Es wird dauern, bis sich eine Einzelfalljudikatur herausgebildet hat, welche hier wirkliche Rechtssicherheit schafft. Um die Risiken im Vorwege abschätzen zu können, ist unbedingt dazu zu raten, einen speziualisierten Anwalt zu Rate zu ziehen.