AGB-Recht: Online-Verträge müssen auch online gekündigt werden können

Wer A sagt, muss auch B sagen. Auf diese Kurzformel lässt sich ein Urteil des LG München I bringen, das die Online-Welt noch länger beschäftigen dürfte. Das Gericht legt fest, dass, wer Online-Verträge anbietet, seinen Kunden auch eine Möglichkeit einräumen muss, online zu kündigen. Das Bestehen auf einer schriftlichen Kündigung sei eine unzumutbare Benachteiligung für den Kunden und abmahnfähig (Urteil vom 30.01.2014 – 12 O 18571/13).

Erst einmal gilt dies lediglich im Verkehr mit Verbrauchern. Das Urteil und seine Begründung bieten aber durchaus Anlass zu der Annahme, dass auch im B2B-Verkehr die Online-Kündigung für verpflichtend gehalten werden muss.

Darum ging’s: Verklagt wurde der Anbieter einer Online-Partnervermittlung. Internet-Nutzer konnten sich dort ausschließlich online registrieren. Dazu waren die Eingabe von Namens- und Adressdaten sowie die Angabe einer Kreditkarte erforderlich. Auch die Kommunikation während der Nutzung erfolgte ausschließlich online. Nur für die Kündigung der kostenpflichtigen Mitgliedschaft schrieb das Unternehmen folgendes Verfahren in seinen AGB vor:

„Die Kündigung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Die elektronische Form ist ausgeschlossen. Die Übersendung per Fax genügt. Die Kündi­gung muss Benutzername, Kundennummer, Transaktions- bzw. Vorgangsnummer enthalten.“

Hierin sah das LG München I gleich zwei Verstöße gegen das AGB-Recht:

1. Die zwingende Angabe von Benutzername etc im Rahmen der Kündigung verstoße gegen § 309 Nr. 13 BGB, nach dem im Verbraucherverkehr keine strengere als die Schriftform – also die eigenhändige Unterschrift unter eine Erklärung – vorgesehen werden dürfe. Die Verbraucher könnten die Klausel so verstehen, als hänge die Wirksamkeit der Kündigungserklärung davon ab, dass die weiteren Angaben in dem jeweiligen Schreiben enthalten seien. Damit handele es sich hierbei nicht um eine Vorschrift, die dem Unternehmen – insoweit ja nachvollziehbar – die Bearbeitung erleichtern solle, sondern um ein weiteres Formerfordernis.

2. Unbeschadet dessen sei aber auch die einfache Schriftform bei Verträgen, die ausschließlich online geschlossen und verwaltet würden, als eine unangemessene Benachteiligung anzusehen. Denn diese sei geeignet, den Nutzern eine Kündigung zu erschweren. Außerdem würde dadurch gegenüber einer digital abzugebenden Erklärung der Zugang der Erklärung verzögert, wodurch die Fristwahrung für die rechtzeitige Kündigung erschwert würde.

Im Rahmen eines Vertrags, der ansonsten ausschließlich über Online-Erklärungen abgewickelt würde, sei nicht ersichtlich, welches schützenswerte Interesse der Anbieter daran habe, die Kündigung unter ein Schriftformerfordernis zu stellen. Insbesondere könne er sich hierfür nicht – wie das Unternehmen im konkreten Fall – darauf berufen, dass nur die schriftliche Kündigung eine sichere Überprüfung der Identität des Kündigenden zulasse.

Dies sieht das LG München I schon deshalb als eine Schutzbehauptung an, weil schon nicht klar sei, wer ausgerechnet die Kündigung des Vertrags unter Nutzung einer falschen Identität erklären solle. Wenn das Unternehmen die Vertragsbegründung online zulasse, sehe sie sich demselben Problem ausgesetzt.

Im Übrigen würde die Vergabe eines persönlichen Benutzernamens mit entsprechendem Passwort hinreichend sicherstellen, dass derjenige die Online-Kündigung erkläre, der mit diesen Account-Daten angemeldet sei. Bestünde tatsächlich im Einzelfall Grund zu der Annahme, dass der Account von Dritten gehackt worden sei, könne sich das Unternehmen immer noch rückversichern und Zweifel hinsichtlich der Identität ausräumen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Wird die Meinung des LG München I aber bestätigt, so werden sich daraus weitreichende Konsequenzen für Online-Anbieter ergeben, die häufig genug Kündigungserklärungen nur schriftlich zulassen. Hier werden sowohl technisch als auch AGB-seitig Veränderungen vorgenommen werden müssen. Die Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., welche das Urteil in München erstritt, dürfte ähnliche Prozesse nun auch in anderen Teilen Deutschlands anstrengen, so dass Vorsorge gegen entsprechende Abmahnungen getroffen werden sollte.

Weitere Beiträge

Programmieren und KI und Urheberrecht Teil II

Im Teil I hatte ich die generellen Probleme dargelegt, die sich daraus ergeben dass der Output eines KI Systems grundsätzlich nicht als urheberrechtsähiges Werk qualifiziert werden kann. Ganz konkret gehen wir in diesem Teil mal der Frage nach, was das

Mehr lesen »
Nach oben scrollen