Im Zeitalter des Internets sind Abmahnungen ein bekanntes Phänomen geworden. Gleichgültig ob es sich um eine Abmahnung wegen einer Urheberrechtsverletzung, einer Markenrechtsverletzung oder einer Wettbewerbsrechtsverletzung handelt, kommen immer häufiger auch Verbraucher und Kleingewerbebetreibende mit Abmahnungen in Berührung. Insbesondere die Verbraucher sind im Hinblick auf etwaige angebliche Urheberrechtsverletzungen betroffen. Das Internet ermöglicht das Auffinden solcher Rechtsverletzungen auf relativ einfache Art und Weise. Im Zweifel wird es immer eine Software geben, die dem Rechtsinhaber bzw. Mitbewerber die Suche nach einer Rechtsverletzung erleichtert.
Sofern tatsächlich eine Urheber-, Marken- oder Wettbewerbsrechtsverletzung vorliegt, darf der jeweilige Rechtsinhaber bzw. Mitbewerber entsprechende Rechte gelten machen. Dabei werden in der Regel Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz geltend gemacht.
Da die entsprechende Gesetzesgrundlage dem Verletzten häufig einen Ersatzanspruch für Schäden und Aufwendungen zuspricht, entsteht oftmals der Eindruck, dass der Verletzte die Abmahnung nicht nur ausspricht, um die Rechtsverletzung selbst zu unterbinden, sondern um die entsprechenden Ersatzansprüche als selbständige Einnahmequelle in Anspruch nehmen zu können.
In seltenen Fällen kann der Einwand des Rechtsmissbrauchs vom Verletzer geltend gemacht werden. Es gibt allerdings eine Vielzahl von Indizien, die darauf hinweisen, dass der Abmahnende tatsächlich rechtsmissbräuchlich handelt. Dabei sind folgende Indizien zu beachten:
Zunächst ist zu hinterfragen, ob ein Missverhältnis zwischen der Anzahl der Abmahnungen und dem sonstigen Umsatz des Abmahnenden besteht. Maßgeblich kann auch sein, ob eine Freistellungsvereinbarung zwischen dem Mandanten und dem Rechtsanwalt vorliegt. Ein weiteres Indiz für eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung sind die überhöhten Gegenstands- und Streitwerte, die von dem Abmahnenden geltend gemacht werden. Darüber hinaus sind einheitliche Fristen für die Abgabe der Unterlassungserklärung und der Zahlung der Abmahnkosten zu berücksichtigen. Macht der Abmahnende lediglich einen pauschalierten Schadensersatz geltend, ist dies ein weiteres Anzeichen dafür, dass es ihm „nur um das Geld“ geht. Werden Unterlassungsansprüche nicht oder nur selten geltend gemacht, bestehen dann auch Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Abmahnenden. Auch die Vertragsstrafe, die im Rahmen der Unterlassungserklärung berücksichtigt werden muss, ist bei der Prüfung des Vorliegens eines Rechtsmissbrauchs zu beachten. Ggf. empfiehlt es sich, im Internet zu recherchieren, wie der Verletzte sich zur Angelegenheit selbst einlässt. In manchen Fällen liegen Aussagen des Verletzten vor, die ebenfalls für einen Rechtsmissbrauch sprechen. Selbst wenn der Verletzte seine Forderung einklagt, kann ein Rechtsmissbrauch hervorgehen. Dies ist dann der Fall, wenn er nicht die Unterlassungsansprüche sondern lediglich die Schadensersatzansprüche geltend macht.
Bei der Prüfung, ob ein rechtsmissbräuchliches Handeln vorliegt, werden in den meisten Fällen mehrere dieser Indizien zusammen kommen müssen, um tatsächlich einen Fall des Rechtsmissbrauchs feststellen zu können. In nur seltenen Fällen wird man allein von einem bestimmten Aspekt seinen Einwand begründen können. Ferner muss natürlich auch berücksichtigt werden, dass eine Vielzahl dieser Indizien nicht von dem Verletzer nachgewiesen werden können. So wird ein Verletzer nur selten in Ausnahmefällen beweisen können, dass eine Freistellungsvereinbarung zwischen dem Mandanten und einem Anwalt besteht.
Sofern Sie eine Abmahnung erhalten haben, ist daher nicht nur zu prüfen, ob der Anspruch tatsächlich besteht, sondern auch zu prüfen, ob der Einwand des Rechtsmissbrauchs ausnahmsweise vorliegen könnte. Sie sollten daher einen Anwalt Ihres Vertrauens diesbezüglich kontaktieren.