Marken, geschäftliche Bezeichnungen und Titel
Bei der Registrierung einer Domain müssen die Rechte Dritter beachtet werden, da Konflikte mit schon bestehenden Kennzeichnungsrechten wie Marken, geschäftliche Bezeichnungen und Titel vermieden werden sollten.
Markenschutz entsteht durch die Eintragung in ein Register, durch Verkehrsgeltung oder durch notorische Bekanntheit. Da es schwierig ist nachzuweisen, dass ein Zeichen den Status einer Marke durch Verkehrsgeltung erlangt hat, wird der Markenschutz in der Regel durch die Eintragung in ein Register erlangt. In Deutschland führt das Deutsche Patent- und Markenamt das Register. Allerdings kann ein Zeichen auch als Gemeinschaftsmarke durch die Registrierung bei dem Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt in Alicante, Spanien, EU-weiten Schutz erlangen. Eine ausländische Marke kann über eine internationale Registrierung aufgrund des Madrider Abkommens bzw. Madrider Protokolls über die World Intellectual Property Organisation in Genf, Schweiz, für Deutschland Schutz erlangen.
Hingegen kann der Schutz einer geschäftlichen Bezeichnung einfach durch die Nutzung der Bezeichnung im geschäftlichen Verkehr erlangt werden. Allerdings kann der territoriale Schutzbereich einer geschäftlichen Bezeichnung durchaus begrenzt sein. Die Frage hängt von dem Zweck und Zuschnitt des Unternehmens ab. Eine Vielzahl von Unternehmen ist nur auf eine lokale oder regionale Tätigkeit ausgerichtet, ohne dass eine Ausweitung oder Expansion geplant ist. Hier ist zu beachten, dass allein die Registrierung und Nutzung einer Domain – die naturgemäß in dem gesamten Bundesgebiet aufgerufen werden kann – nicht dazu führen muss, dass diese lokale oder regionale Tätigkeit unbedingt ausgeweitet werden soll. Die regionale Tätigkeit kann sich gleichwohl auf einen räumlichen Bereich beschränken und auf der sich Homepage niederschlagen, siehe BGH GRUR 2005, 262, 263 – soco.de.
Nach § 5 Abs. 1 MarkenG sind auch Werktitel geschützt. Ein Werktitel hat im Gegensatz zu einer Marke keine Herkunftsfunktion, sondern dient der Unterscheidung von Werken und ist primär inhaltsbezogen. Als Werktitel gelten die Titel von Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Bühnenwerken und ähnlichen Werken. Inzwischen ist von der Rechtsprechung anerkannt, dass der Titel eines Softwareprogramms ebenfalls unter diesen Begriff fällt.
Sofern Sie eine Domain registrieren lassen, die identisch mit einem älteren Zeichen ist oder Ähnlichkeit mit einem älteren Zeichen aufweist, kann eine Verwechslungsgefahr bestehen und somit ein Verletzungstatbestand nach §§ 14, 15 MarkenG erfüllen.
Eine Kollision kann jedoch generell nur dann angenommen werden, wenn die Registrierung einer Domain ein Handeln im geschäftlichen Verkehr darstellt. Wird die Domain zur Abrufung einer Website, die der Förderung der eigenen oder einer fremden erwerbswirtschaftlichen oder sonstigen beruflichen Tätigkeit dient, so kann von einem Handeln im geschäftlichen Verkehr gesprochen werden. Wissenschaftliche, politische, soziale, kirchliche, verbraucheraufklärende oder private Zwecke dürfen verfolgt werden. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist hingegen nicht erforderlich, um ein Handeln im geschäftlichen Verkehr anzunehmen, siehe Bräutigam/Leopold, Online-Recht, B II Domains, Rdnr. 46.
Zweifelhaft ist die Situation, wenn ein Domainname lediglich (von einer Privatperson) registriert ist, jedoch die Website noch nicht mit einem Inhalt belegt ist. Welcher Zweck vom Inhaber verfolgt wird, lässt sich in diesem Fall nicht ohne weiteres ermitteln. Das Landgericht München hat ein Urteil erlassen, wonach die Registrierung einer Domain, die noch nicht mit Inhalten versehen ist, noch nicht im geschäftlichen Verkehr handelt, da keine Adressfunktion gegeben sei, siehe Urteil des LG München vom 18.März 2004, Az.: 17 HK 0 16815/03. In der Regel ist in einem solchen Fall sowieso nicht von einer Markenrechtsverletzung auszugehen, da die inhaltlose Website, gegebenenfalls mit Baustellenschild, keine markenmäßige Nutzung darstellt.
Soweit der Domaininhaber die Seite mit Werbung belegt oder die Domain zum Zwecke des Weiterverkaufs registriert hat, kann überwiegend von einer gewerblichen Nutzung ausgegangen werden. Wenn es sich um eine missbräuchliche Registrierung handelt, dann kommt es gegebenenfalls nicht auf kennzeichenmäßige Nutzung an. Hier wird sich der Anspruch auf einen wettbewerbsrechtlichen Anspruch stützen.
Verwechslungsgefahr
Die Frage, ob eine Verwechslungsgefahr vorliegt, hängt von vielen Faktoren ab und kann nur aus dem jeweils konkreten Fall festgestellt werden.
Zu dem Thema Verwechslungsgefahr gibt es unzählige Gerichtsentscheidungen und Aufsätze und füllt die Seiten der Markengesetzkommentare. Folgende Grundsätze sind dabei zu beachten:
– Zweck des Markenschutzes ist es, die Herkunftsfunktion zu gewährleisten. Das heißt, dass der Verkehr über das Zeichen die Ursprungsidentität erkennen lassen soll, ohne dass es zu einer Verwechslung mit den Erzeugnissen eines anderen Unternehmens kommt, siehe EuGH, GRUR 1998, 992 – Canon.
– Der Begriff Verwechslungsgefahr ist eng auszulegen, siehe EuGH, GRUR 1998, 387 – Sabel.
– Ob eine Verwechslungsgefahr vorliegt, ist in jedem Einzelfall individuell unter Berücksichtigung aller Umstände zu prüfen, siehe z.B. BGH, GRUR 2002, 1067 – DKV/OKV oder BGH, GRUR 2002, 808, 811 – Frühstücksdrink I. Es gibt zwar allgemeine Grundsätze und typische Fallkonstellationen, aber im konkreten Fall kann man nicht einfach auf die eine oder andere Regel zurückgreifen und verallgemeinern.
– Die drei Hauptfaktoren für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr sind 1) die Ähnlichkeit der Zeichen, 2) die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen und 3) die Kennzeichnungskraft der geltend gemachten Marken. Zwischen diesen Faktoren besteht eine Wechselbeziehung, z.B. BGH, GRUR 2002, 1067 – DKV/OKV oder BGH, GRUR 2002, 808, 811 – Frühstücksdrink I. Kennzeichnungskraft ist die Eignung eines Zeichens, sich dem Verkehr aufgrund seiner Eigenart und – ggf. durch Benutzung – erlangten Bekanntheitsgrades als Marke einzuprägen.
– Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist die Verkehrsauffassung maßgeblich, siehe EuGH, GRUR 1998, 387 – Sabel. Damit sind die aktuellen und potentiellen Abnehmer gemeint. Allerdings ist zu beachten, dass das Gericht aufgrund eigener Sachkunde feststellen kann, wie der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher das Zeichen wahrnimmt, siehe z.B. BGH, GRUR 1995, 354, 357 – Rügenwalder Teewurst.
– Der Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen ist maßgeblich. Dieser Grundsatz wurde vom EuGH entwickelt und vom BGH übernommen, siehe BGH, GRUR 1996, 198 – Springende Raubkatze. Unter Umständen ist es jedoch möglich, dass ein Bestandteil eine besondere, das gesamte Zeichen prägende Kennzeichnungskraft hat. Bei einer Übereinstimmung dieses prägenden Bestandteils kann eine Verwechslungsgefahr zwischen den Gesamtzeichen zu bejahen sein, siehe BGH, GRUR 2000, 233, 234 – Rausch/Elfi Rauch.
– Die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen muss im Einzelfall ermittelt werden. Dabei sind Kriterien wie Art, Verwendungszweck, Nutzung und Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen heranzuziehen, siehe BGH, GRUR 2001, 507, 508 – Evian/Revian. Die Zugehörigkeit zur selben Gebührenklasse des Deutschen Patent- und Markenamtes ist dabei unerheblich. Im Bereich der Datenverarbeitung kann z.B. nicht mehr automatisch davon ausgegangen werden, dass grundsätzlich eine Branchennähe bei allen Anbietern vorliegt. Es hängt letztendlich davon ab, ob sich die Konkurrenten auf dem Gebiet überschneiden, siehe BGH, GRUR 2005, 262, 263 – soco.de.
Diese Grundsätze sind auch im Rahmen einer Kollision zwischen einem Domainnamen und einer Marke bzw. geschäftlichen Bezeichnung zu beachten. Allerdings sind auch folgende Besonderheiten hervorzuheben:
– Bei der Ähnlichkeitsprüfung der sich gegenüberstehenden Zeichen ist allein die Second-Level-Domain maßgebend, da die Top-Level-Domain wie z.B. .de, .com oder .net wegen fehlender Kennzeichnungskraft ohne Bedeutung ist.
– Das gedanklich In-Verbindung-bringen kann eine Verwechslungsgefahr auslösen. Dies ist der Fall, wenn der Verkehr glaubt, dass der Markenrechtsinhaber und der Domaininhaber miteinander verbunden sind. Dies kann durch den Domainnamen selbst oder auch in Verbindung mit Verweisen und Links von der Homepage auf die Homepage des Markenrechtsinhabers geschehen.
– Es muss auch eine gewisse Branchennähe zwischen dem Kennzeicheninhaber und der Domain bestehen. Da eine Domain nicht automatisch auf eine bestimmte Branche hinweisen muss, kann allein die Registrierung der Domain nicht immer zu einer Verwechslungsgefahr führen. Ist die Webseite mit Inhalt gefüllt, wird jedoch schnell zu ermitteln sein, ob die Parteien in identischen oder ähnlichen Branchen tätig sind.
Das Markengesetz sieht jedoch vor, dass die Nutzung eines Kennzeichens verboten sein kann, auch wenn keine Branchennähe vorliegt. Dies ist der Fall, wenn die Nutzung des fremden Kennzeichens eine Rufausbeutung oder eine Behinderung darstellt. Zu beachten ist, dass diese Regelung nur für „bekannte“ Kennzeichen gilt. Eine Rufausbeutung liegt vor, wenn der Domaininhaber diese Domain nutzt, um erhöhte Aufmerksamkeit zu erlangen, und dadurch die Wertschätzung der eigenen Waren und/oder Dienstleistungen gesteigert wird. Die Nutzung darf aber nicht nur eine Ausbeutung oder Beeinträchtigung darstellen, sondern muss auch noch in unlauterer Weise erfolgen.