Softwarelizenzvertrag und Insolvenz I

Was geschieht, wenn über das Vermögen des Lizenzgebers ein Insolvenzverfahren eröffnet wird? Darf man die Software weiter ohne Zustimmung des Insolvenzverwalters nutzen oder nicht? § 103 InsO regelt das Wahlrecht des Insolvenzverwalters. Dieser hat innerhalb von Rechtsgeschäften, die nicht vollständig erfüllt wurden, das Recht zu bestimmen, ob er in den noch nicht vollständig erfüllten Vertrag einrücken will und die Verpflichtungen des insolventen Schuldners übernehmen möchte. Für Verträge, durch die die Nutzungsrechte an Software anderen überlassen werden, führt dies zu unterschiedlichen Konsequenzen, je nachdem ob die Software mittels Kauf- oder Mietvertrag überlassen wird.

1)  Mietrecht

Sofern die Überlassung der Nutzungsrechte zeitlich begrenzt erfolgt oder die Übertragung noch einem Vorbehalt steht, handelt es sich um Mietverträge. Da Mietverträge zum einen die Überlassung von Nutzungsrechten an Software beinhalten, zum anderen allerdings auch die Verpflichtung des Lizenzgebers zur Fortentwicklung der Software beinhalten, sind Mietverträge über Software im Sinne des § 103 InsO niemals vollständig erfüllt. Der Insolvenzverwalter hat folglich das Recht, darüber zu bestimmen, ob er in den Mietvertrag einrücken und diesen erfüllen will oder nicht. Der Insolvenzverwalter kann die weitere Erfüllung des Vertrages verweigern. Das Nutzungsrecht erlischt in diesem Zeitpunkt.
Der Lizenznehmer hat in diesem Moment keine Möglichkeiten mehr, seinen Anspruch auf Überlassung der Nutzungsrechte in vollem Umfang durchzusetzen. Die Nutzung bleibt nur für den zeitlichen Bereich möglich, der zwischen der letzten bezahlten Rechnung des Schuldners und dem Zeitpunkt der Ablehnung des Insolvenzverwalters liegt. Bereits im Voraus gezahlte Gebühren sind im Regelfall zur Insolvenztabelle anzumelden. Im Normalfall bedeutet das, dass die Forderung so geringwertig ist, dass sich eine weitere juristische Verfolgung der Ansprüche kaum lohnen wird.

Genau aus diesem Grund stellt eine Insolvenz des Lizenzgebers für den Lizenznehmer ein hohes wirtschaftliches Risiko dar. Dies umso mehr, als die wenigsten Auftraggeber die „Lizenzvertrag“ genannten Verträge über die Übertragung der Nutzungsrechte nur selten juristisch qualifizieren werden. Nicht selten hat der Auftraggeber die Software nicht gekauft, sondern nur gemietet.

 


[1] siehe hierzu auch Schneider, Teil D, Rd-Ziff. 95 ff.; Marly, Softwareüberlassungsverträge, Rd-Ziff. 103, 90 ff.

[2] Braun/Kroth, Insolvenzordnung, 2. Aufl. 2004, § 103 Rd-Ziff. 24; Nerlich/Römermann/Balthasar, § 103 Insolvenzordnung, Rd-Ziff. 33

[3] LAG Darmstadt, Urteil vom 27.06.2003, CR 2004, 811, 813

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