Softwarelizenzvertrag und Insolvenz des Lizenzgebers II

Die allgemeinen Prinzipien und die Probleme, die sich bei Bestehen eines Mietvertrags in der Insolvenz des Lizenzgebers ergeben, habe ich bereits an anderer Stelle dargelegt. Hier gilt es noch, das Thema „Insolvenz des Lizenzgebers bei Bestehen eines Kaufvertrags“ darzulegen.

Im Rahmen des Verkaufs von Software – also der endgültigen Überlassung von Nutzungsrechten – sollte die Sache eigentlich ganz einfach sein, ist es aber nicht. Dies hängt damit zusammen, dass die Existenz von Juristen häufig das Erfordernis juristischer Beratung nach sich zieht. Man möge mir verzeihen, wenn ich in diesem Kontext etwas spöttelnd formuliere. Aber nach einer in der Literatur vertretenen Minderansicht wird der Begriff der endgültigen Erfüllung von vertraglichen Verpflichtungen soweit ausgedehnt, dass der Insolvenzverwalter selbst bei Bestehen eines Kaufvertrages das Recht haben soll, die weitere Erfüllung des Kaufvertrages abzulehnen. Dies würde bedeuten, dass der Insolvenzverwalter den Kaufpreis für die Software zurückfordern könnte.

Diese Ansichten sind abzulehnen. Es ist sicher richtig, dass Kaufverträge über Software zugleich auch Nebenpflichten wie z. B. Wettbewerbs- und Geheimhaltungsvereinbarungen beinhalten. Geht man einmal von einer sehr weiten Auslegung des § 103 InsO aus, so würde dies bedeuten, dass der Vertrag eben solang „nicht vollständig erfüllt“ ist, wie die Geheimhaltungs- und Wettbewerbsverpflichtungen bestehen. Da Geheimhaltungs- und Wettbewerbsverpflichtungen wirksam für einen Bereich von 2 Jahren nach Schluss des Vertrages vereinbart werden können, würde dies bedeuten, dass der Vertrag noch 2 Jahre lang von einem Insolvenzverwalter gekündigt werden könnte. Voraussetzung wäre lediglich, dass innerhalb von 2 Jahren nach Abschluss des Kaufvertrages das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Käufers eröffnet würde und der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vertrages ablehnen würde. Wem das zu abstrakt und theoretisch erscheint, der möge sich eine Entscheidung des LAG Darmstadt aus dem Jahre 2003 anschauen, die in der juristischen Literatur zu Recht für viel Furore gesorgt hat.

Das LAG Darmstadt nahm an, dass schon die Pflicht des Lizenznehmers zur Beibehaltung von Schutzrechtsvermerken auf der Software ausreichen soll, um eine vollständige Erfüllung abzulehnen. Auch hier muss man in klarer Kritik dieser Entscheidung sagen, dass bei Richtern manchmal – und gar nicht so selten – der Wille, eine bestimmte Entscheidung zu fällen, die Begründung vorwegnimmt. Im Rahmen des § 103 InsO geht es um die Erfüllung sogenannter synallagmatischer Ansprüche. Diese im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Ansprüche sollen im Verhältnis eins zu eins erfüllt werden müssen. Typisch für einen Kaufvertrag sind z. B. die synallagmatischen Pflichten zur Bezahlung des Kaufpreises gegen Übereignung der Sache und deren Besitzverschaffung. Im Rahmen des Kaufvertrages über Software geht es selbstverständlich primär um die synallagmatischen Ansprüche der Einräumung von Nutzungsrechten für die Bezahlung des Kaufpreises. Nebenansprüche, die von dieser synallagmatischen Verpflichtung nicht erfüllt sind, führen im Rahmen von deren Nichterfüllung eben nur dazu, dass man evtl. Schadenersatz fordern kann oder den Kaufpreis mindert. Sie führen aber nicht dazu, dass man den Vertrag inhaltlich rückabwickeln kann. Eben dieses ergibt sich aus § 323 Abs. 2 Nr. 5 BGB. Nur die wesentlichen Verpflichtungen aus einem Kaufvertrag, die das Geben und Nehmen bestimmen, sollen durch den § 103 erfasst werden. Solange also die Nutzungsrechte der Software noch nicht vollständig eingeräumt wurden, ist der Vorvertrag sicher nicht vollständig erfüllt worden. Insofern sollte man unter allen Umständen davon absehen, die Überlassung der Nutzungsrechte an eine andere Bedingung zu knüpfen als an die vollständige Begleichung des Kaufpreises. Ganz Vorsichtige mögen erwägen, eine Klausel in die allgemeinen Geschäftsbedingungen aufzunehmen, nach deren Inhalt die Nutzungsrechte auch dann vollständig übertragen werden, wenn andere Nebenpflichten des Käufers nicht vollständig erfüllt worden sind.Im Grunde aber bleibt es dabei, dass ein Kaufvertrag dann als vollständig erfüllt anzusehen ist, wenn der Kaufpreis bezahlt und die Nutzungsrechte vollständig und unwiderruflich eingeräumt wurden. In eben jenem Fall kann der Insolvenzverwalter nichts mehr tun.

 
 

 

 

 

 

 

 

 

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