Aktuelle Entscheidung des BGH zum Domainrecht

Einführung

In einem aktuellen Fall vor dem Bundesgerichtshof war eine interessante domainrechtliche Frage zu entscheiden. Dabei ging es das Problem, was passiert, wenn eine Domain bereits registriert ist, und erst nachträglich ein Dritter Kennzeichen- oder Namensrechte an diesem Domainnamen erwirbt. Hat der Dritte dann einen Anspruch auf Unterlassung gegen den Domaininhaber?

Rechte am Domainnamen

In der Regel entstehen an einem Domainnamen selbst keine Kennzeichen- oder Namensrechte. Das heißt, dass wenn ein Domainname registriert wird, der Inhaber nicht aufgrund der Registrierung gegen Dritte, die nachrangig das Zeichen verwenden, vorgehen kann. Es entstehen nur dann Kennzeichens- oder Namensrechte, wenn der Domainname als Marke eingetragen, als Kennzeichen im geschäftlichen Verkehr verwendet oder als Name benutzt wird. Insoweit kann der Inhaber einer Domain, der diese zusätzlichen Qualifikationen nicht erfüllt, keine entsprechenden Rechte aus der Registrierung der Domain selbst herleiten. 

In der Praxis  ist die typische Konstellation, dass ein Dritter die älteren Rechte an dem Zeichen hat und deswegen dem Domaininhaber die Nutzung der Domain verbieten kann. Der Domaininhaber selbst kann, wie oben dargelegt, häufig keine Rechte aus der Domain herleiten. Folglich kann er sich dann nicht darauf berufen, dass er die älteren Rechte hat. 

BGH-Entscheidung

Der BGH hatte nun die außergewöhnliche Situation, dass der Inhaber erst die Domain angemeldet hat und anschließend Kennzeichenrechte bei einem Dritten entstanden sind. 

Markenrecht vs. Namensrecht

Zunächst wurde vom Gericht festgestellt, dass § 12 BGB in dem konkreten Fall anwendbar sei. Obwohl sich die Inhaberin des Kennzeichenrechts (Klägerin) auf eine eingetragene Gemeinschaftsmarke und geschäftliches Kennzeichen berufen konnte, so dass von der Anwendbarkeit des Markengesetzes auszugehen wäre, hatte der Inhaber der Domain (Beklagter) nicht gewerblich gehandelt. Seine Webseite wurde nämlich nur rein privat verwendet. Grundsätzlich gilt das MarkenG als lex specialis und verdrängt somit das allgemeine Recht, wie z.B. das Namensrecht im BGB. Dies gilt aber dann nicht, wenn das Kennzeichenrecht des MarkenG nicht anwendbar ist, insbesondere wenn der Beklagte nicht im geschäftlichen Verkehr handelt. Das Handeln im geschäftlichen Verkehr ist Grundvoraussetzung für etwaige Ansprüche nach dem MarkenG. 

Nutzung im Inland

Obgleich die Klägerin ein ausländisches Unternehmen ist, hat das Gericht festgestellt, dass zu Gunsten der Klägerin ein Unternehmenskennzeichen im Sinne des § 12 BGB entstanden ist. Ein Unternehmenskennzeichen entsteht einfach durch Benutzungshandlungen. Da diese Handlungen auch in Deutschland stattgefunden haben, könne sich die Klägerin auf die Vorschrift berufen. 

Der BGH war jedoch nicht der Auffassung, dass der Beklagte eine Verletzungshandlung des § 12 BGB begangen hat. § 12 BGB setzt nämlich voraus, dass der Beklagte den gleichen Namen wie den der Klägerin unbefugt gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung entsteht und ein schutzwürdiges Interesse des Namensinhabers verletzt wird. 

Schutzwürdiges Interesse

Der Beklagte hat zwar den Namen unbefugt gebraucht. Das Gericht ist auch von einer Zuordnungsverwirrung ausgegangen, wenn im Internet  ein Name verwendet wird, bei dem der Verkehr einen Hinweis auf den Namen des Inhabers erwartet. Allerdings war zweifelhaft, ob im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung gleichwohl von einer Rechtsverletzung auszugehen wäre. Der Beklagte hat argumentiert, dass ihm durch die Registrierung der Domain keine absoluten Rechte an der Domain erwachsen würden. Gleichwohl wird zumindest gegenüber der Registrierungsstelle ein relatives vertragliches Nutzungsrecht entstehen. Es sei daher bedenklich, dass er die Domain aufgeben müsse, wenn erst nach der Registrierung das Namensrecht entstünde, wenn nicht zumindest im Rahmen einer Interessenabwägung festgestellt werde, dass er auch die schutzwürdigen Interessen des Namensinhabers verletze. 

Die Sache wurde nunmehr an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dies muss nun die erforderliche Interessenabwägung durchführen. Der BGH hat in seinem Urteil schon darauf hingedeutet, dass er zu Gunsten des Domaininhabers entscheiden würde, wenn keine besonderen Tatsachen zu Gunsten des Namensinhabers vorliegen. Ein solcher Sachverhalt sei dann gegeben, wenn der Domaininhaber gar nicht die Absicht hatte, die Domain selbst zu verwenden und sie lediglich an den Namensinhaber abverkaufen wollte. 

Urteil des BGH vom 24.04.2008, Az. I ZR 159/05 – afilias.de

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