Vergleichende Werbung und Markenrecht
Besprechung der EuGH O2/ Hutchinson, Entscheidung vom 12.Juni 2008
Das Verhältnis von vergleichender Werbung und Markenrecht ist in der deutschen Literatur umstritten. Die Normen des Markenrechts und der vergleichenden Werbung stehen immer in Konkurrenz, wenn vergleichende Werbung betrieben wird. Denn jeder Vergleich setzt beinahe zwangsläufig voraus, daß Produkte oder der Name des Wettbewerbers erwähnt werden. Damit werden die Marken des Wettbewerbers in der eigenen Werbung genannt. Da Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen der beiden Gesetze unterschiedlich sind, muß das Verhältnis der beiden geklärt werden. Ein beachtlicher Teil von Literatur und Rechtsprechung verneint die Anwendung des Markenrechts im Bereich der vergleichenden Werbung mangels einer markenmäßigen Nutzung. Sofern überhaupt eine Anwendbarkeit des Markenrechts bejaht wird, wurden natürlich die drei in der Jurisprudenz üblichen Positionen vertreten. Entweder wird von einem Vorrang des Wettbewerbsrechts ausgegangen, oder eine parallele Anwendbarkeit des Markenrechts vertreten. Und natürlich gibt es eine vermittelnde Ansicht. Dieser hat sich der EuGH angeschlossen.
Im Bereich der unzulässigen Werbung soll demnach Platz für die Anwendbarkeit des Markenrechts sein. Die Anwendbarkeit des Markenrechts selbst scheitert nicht schon an der Bejahung des Merkmals der markenmäßigen Nutzung. Darunter versteht man im Gegensatz zur rein beschreibenden Verwendung die Nutzung eines Kennzeichen in der Weise, daß sie einen Herkunftshinweis auf den Inhaber des Kennzeichens erbringt und die Marke des Wettbewerbers beschädigt oder beeinträchtigt. Der Satz „ich fahre einen BMW“ ist eine reine Beschreibung; die Aussage „BMW baut bessere Autos als Mercedes“ eine Nutzung beider Marken (die in dieser Pauschalität einerseits ungerecht und juristisch besehen bei geschäftlicher Nutzung unzulässig wäre). Ferner ist darauf hinzuweisen, daß eine Nutzung einer fremden Marke in der eigenen Werbung ist nur zulässig, wie es notwendig ist, um den Vergleich zu realisieren.
Der EuGH stellte fest, daß bereits dann eine vergleichende Werbung vorliege, wenn eine mittelbare Bezugnahme in Form eines Vergleichs auf die Marke des Wettbewerbers vorliege. In der bisherigen Diskussion war – für Laien durchaus unverständlich – umstritten, ob vergleichende Werbung wirklich einen Vergleich (vergleichbarer Produkte) erfordere.
Der EuGH erkannte – im Gegensatz zu der überwiegend in Deutschland vertretenen Ansicht, die eine einheitliche Auslegung der Begriffe fordert –, daß der Begriff der Verwechslungsgefahr im Markenrecht anders auszulegen ist als der Begriff der Verwechslungsgefahr im Wettbewerbsrecht. Während der § 6 UWG auf eine konkrete Verwechslungsgefahr abstelle, käme es für das Markenrecht auf eine abstrakte Verwechslungsgefahr an. Nach der Diktio ist die Verwechlsungsgefahr im Rahmen der vergleichenden Werbung ausschließlich anhand der Merkmale der konkreten Werbung zu beurteilen. Erfolge die Markenverwendung auf der Ware selbst, sein nur die Merkmale der Ware für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr heranzuziehen. Hier wie auch sonst entscheiden die Umstände des Einzelfalles.
Stefan G. Kramer