Softwareentwicklung im Rahmen von Arbeitnehmerüberlassung
Insbesondere das Softwaredesign wird häufig durch fremde Arbeitskräfte vorgenommen. Durch den Einsatz fremder Arbeitskräfte lassen sich Personal- und Personalnebenkosten senken. Aus diesen Gründen ist in der Praxis zunehmend zu beobachten, dass Software auch durch die Überlassung von Arbeitnehmern erstellt wird. Die echte und die unechte Arbeitnehmerüberlassung sind zu unterscheiden. Ein echtes Überlassungsverhältnis besteht, wenn der Verleiher den Arbeitnehmer nur zeitlich begrenzt an ein anderes Unternehmen ausleiht. Ein unechtes Überlassungsverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer mit dem Ziel eingestellt wird, dauerhaft dem anderen Unternehmen zur Verfügung gestellt zu werden. Diese gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung unterfällt dem AÜG – dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – und bedarf der gesetzlichen Erlaubnis. Bei der unechten Überlassung von Arbeitnehmern überlässt der Verleiher einem anderen Unternehmen zeitlich befristet ein oder mehrere Arbeitskräfte. Eine Ausnahme ist im § 1 AÜG geregelt. Die Arbeitnehmerüberlassung bedarf keiner Erlaubnis, wenn sie weniger als 12 Monate dauert und zur Vermeidung von Kurzarbeit oder Entlassungen erfolgt. In diesen Fällen muss die Überlassung nur der Bundesagentur für Arbeit angezeigt werden.
Die Überlassung von Arbeitnehmern, die der Softwareentwicklung dienen ist abzugrenzen von der Möglichkeit, Software durch Dritte im Rahmen von Werk- oder Dienstverträgen zu erstellen. Anders ist zu verfahren, wenn in der Praxis ein Entwicklerteam bei dem Auftraggeber eingesetzt wird und dieses Entwicklerteam gemeinsam mit der IT Abteilung des Auftraggebers zusammenarbeitet. Nach einer Durchführungsvorschrift zum AÜG liegt grundsätzlich keine Überlassung von Arbeitnehmern vor, wenn ein Unternehmen, dass a) selbst Softwareprogramme herstellt, eigene Arbeitnehmer dem Auftraggeber zur Verfügung stellt, um Programme zu entwickeln oder zu installieren, sofern der Auftraggeber die Systemverantwortung und das unternehmerische Risiko trägt.
Die Abgrenzung von Dienst- und Werkverträgen erfolgt nicht nach dem Titel oder der Bezeichnung, dem die Vertragsparteien dem Vertrag geben. Es ist unerheblich, ob über einem Vertrag das Wort „Dienst- oder Werkvertrag“ steht. Für den Juristen kommt es maßgeblich nur auf den Inhalt an. Ein Werkvertrag liegt vor, wenn der Erfolg geschuldet ist. Der Vertrag, mittels dessen Sie ein Fuhrunternehmer dazu bringt, Sie mit einem Taxi von dem Sitz Ihres Unternehmens bis zum Bahnhof zu fahren, ist ein Werkvertrag. Im anderen Fall müsste sich der Fahrer nur bemühen, Sie am Bahnhof abzuliefern. Es gibt eine Reihe weiterer Indizien, aus denen die Juristen folgern, ob ein Werk- oder Dienstvertrag vorliegt. So soll auch ein Dienstvertrag vorliegen, wenn der Angestellte die Verpflichtung hat, von ihm nicht verursachte Fehler beheben zu müssen. Die Möglichkeit des Auftraggebers, ständig change request fordern zu können, ist ein weiteres starkes Indiz für das Vorliegen eines Dienstvertrages. Von der Arbeitnehmerüberlassung wird der Dienstvertrag dadurch abgegrenzt, dass der Angestellte nicht in den Betrieb des Auftraggebers eingegliedert wird. Hierzu gibt es zahlreiche juristische Klauseln, die dieses darlegen sollen.
Der Werkvertrag ist derjenige Vertrag, der geschlossen wird, um einen bestimmten Erfolg zu erreichen. Treten Fehler auf, ist der Unternehmer zur Beseitigung dieser Fehler im Rahmen der Mängelgewährleistung verpflichtet. Ein Indiz für das Vorliegen eines Werkvertrages ist die eigene Verantwortung des Unternehmers für das Erreichen des vertraglich geschuldeten Zieles. Ganz grob gesagt: Wenn Sie dem Kunden Angestellte überlassen und der Kunde selbst darüber bestimmen kann, zu welchen Zielen die Angestellten ihre Arbeit einsetzen sollen, so legt initiell immer ein Dienstvertrag vor. Vereinbaren Sie mit dem Auftraggeber das Erreichen eines bestimmten Zieles und übersenden Angestellte körperlich in das Unternehmen des Auftraggebers, so liegt initiell immer ein Werkvertrag vor.
Eine gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung liegt dann vor, wenn das überlassende Unternehmen gewerblich seine Arbeitskräfte in ein anderes Unternehmen überlässt. Ein solcher Fall liegt vor, wenn der Zweck des Unternehmens darin besteht, gewerbsmäßig Arbeitnehmer zu überlassen, um daraus einen wirtschaftlichen Gewinn zu erzielen. Solche Unternehmen brauchen eine Erlaubnis gemäß § 2 AÜG.
Der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag muss schriftlich abgeschlossen werden. Erforderlich ist die Versicherung, dass die erforderliche Erlaubnis gemäß § 2 AÜG vorliegt. Ein Verstoß gegen § 12 AÜG – dem Erfordernis der Schriftform des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages – führt zur Nichtigkeit des Vertrages gemäß § 125 BGB. Sofern die erforderliche Erlaubnis des Verleihers nicht vorliegt oder diese nachträglich entfällt, liegt eine formell rechtswidrige Überlassung vor. Der Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Unternehmen, dem die Arbeitnehmer überlassen werden, ist dann unwirksam. Es bestehen Schadenersatzansprüche; ferner kann der Verleiher, dessen Erlaubnis nicht besteht, nach § 15, 16 AÜG belangt werden. Es besteht die Möglichkeit der Festsetzung eines Ordnungsgeldes oder der Festsetzung einer Strafe.
Stefan G. Kramer
Rechtsanwalt